Was sind die Anzeichen für Angst beim Hund und wie kann man Vierbeiner vor und in der Tierarztpraxis unterstützen? Zoetis klärt auf.
Berlin. Im Alltag sind Hunde oft mit Situationen konfrontiert, die Stress oder sogar Angst auslösen. Grundsätzlich gilt: Angst und Unsicherheiten sind individuell und es spielen vielfältige Faktoren wie die Sozialisation, Trauma, aber auch Fütterung oder Schmerzen eine Rolle. Spätestens sobald die Angst überhand gewinnt und wichtige Anlässe, wie ein Besuch in der Tierarztpraxis, nicht mehr wahrnehmbar sind, sollten sich Hundebesitzer mit dem Thema auseinandersetzen. Nicht nur in Notfällen ist es wichtig, dass sich Hunde von Tierärzten behandeln lassen, sondern auch zur Vorsorge oder für notwendige, individuelle Schmerztherapien. Beispielsweise für an Arthrose erkrankte Hunde sind regelmäßige Besuche in der Praxis unerlässlich, um Schmerzen effektiv und langfristig zu lindern.
Angst in der Praxis ist übrigens keine Seltenheit: Studien zeigen, dass sich über 75 Prozent aller Hunde in einer Tierarztpraxis ängstlich verhalten (*1). Zoetis-Expertin Kristina Lagerweij, Tiermedizinische Fachangestellte und Hundetrainerin, erklärt im Zoetis Q&A, worauf es bei Angst ankommt und wie man Tierarztbesuche in Zukunft angenehmer für alle Zwei- und vor allem Vierbeiner gestalten kann.
Wann sollte man mit den Hunden zum Tierarzt?
Abgesehen von einem akuten Notfall sind regelmäßige Besuche in der Praxis (Check-ups) wichtig, um Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und richtig behandeln zu können. Beispielsweise tritt Arthrose, eine chronische, fortschreitende Gelenkerkrankung, bei rund 40 Prozent (*2–4) aller Hunde im Laufe ihres Lebens auf. Diese Zoetis-Checkliste hilft, Anzeichen frühzeitig zu erkennen, um anschließend bei Verdacht auf Arthrose die Tierarztpraxis aufzusuchen. Denn mittlerweile gibt es gut verträgliche und innovative Therapieoptionen, um Arthrose-bedingte Schmerzen effektiv und langfristig zu lindern.
Warum haben manche Hunde Angst vor dem Tierarzt?
Angst an sich ist nichts Schlechtes: „Urängste sind evolutionsbiologisch angeborene und lebensnotwendige Schutzinstinkte“, betont Kristina Lagerweij. Vor einem Tierarztbesuch sollte man sich daher Gedanken über den Ursprung der Angst machen: „Die meisten denken: ‚Vielleicht ist dem Tier mal wehgetan worden‘. Dabei kann es auch sein, dass der Hund es einfach nur als unangenehm empfunden hat, dass ein fremder Mensch ihm so nah kommt. Zum Vergleich: Ich empfinde es als angenehm, wenn mich Bekannte zur Begrüßung in den Arm nehmen. Handelt es sich um einen Fremden, würde ich vermutlich auch mit selbstschutzmotivierter Aggression auf solch ein übergriffiges Verhalten reagieren“, verdeutlicht Kristina Lagerweij.
Wie sollte man mit Angst beim Praxisbesuch umgehen?
Was sollte vermieden werden, damit die Angst sich nicht verstärkt?
Beim Besuch der Praxis sollte man bedenken, dass es kein „Patentrezept“ für den Umgang mit Angst gibt. Folgende vier Tipps können allerdings helfen, die Angst zu vermindern:
Vor dem Praxisbesuch
Vorab kann ein Tierarztbesuch simuliert werden: „Bereits im Welpenalter oder wenn ein Tier neu einzieht, gehört für mich in jedes Training auch ein Medical Training. Das bedeutet zu trainieren, dass man sich die Zähne, Augen, Ohren, Pfoten, einfach jedes Körperteil des Hundes anschauen darf – ohne Zwangsmaßnahme! Die Mutterhündin tut das bei ihren Welpen ab der ersten Sekunde mit dem Sauber- und Trockenlecken nach der Geburt. Pflegende Dominanz ist hier der Fachbegriff“, erklärt Kristina. Weiterhin betont sie:
Während des Medical Trainings, sollten Hundebesitzer bedenken, dass es auf Vertrauen basiert: „Das Vertrauen kann man nicht im gleichen Maße verlangen, wenn es um fremde Personen, wie dem Tierarzt oder der Tierärztin geht, denn unsere Tiere haben ähnlich wie wir eine Individualdistanz“, betont Kristina. Man kann auch vor dem Termin bereits die Praxis in das Training einbeziehen: „Nach Absprache mit der Praxis kann man auch nur zum Leckerchen abholen oder fünf Minuten im Wartezimmer sitzen, ohne dass etwas passiert. Viele Praxen bieten so etwas schon proaktiv an und wenn nicht, dann gerne danach fragen. Manchmal ist auch ein Tierarztwechsel sinnvoll, um da genauso anzufangen: Es passiert erst mal nichts oder nur etwas Tolles wie Kekse suchen im Wartezimmer.“
Während des Praxisbesuchs
Im Wartezimmer: „Ich habe leider immer wieder erlebt, dass Tieren im Wartezimmer, vermutlich aus eigener Unsicherheit, extrem viel gut zugeredet wird. Für uns Menschen fällt das unter Selbstberuhigung, für den Hund ist es jedoch das Gegenteil. Er sucht in jedem Satz nach einem Signal, mit dem er etwas anfangen kann, findet aber meist keins“, erklärt Kristina.
Den Hund nicht zu anderen Tieren lassen
„Ein sonst sozialverträglicher Hund kann in der Tierarztpraxis aus Angst ganz anders reagieren und gegebenenfalls führt der Kontakt im Wartezimmer zum anderen netten Hund auf beiden Seiten zu einer nachhaltig schlecht verknüpften Situation, weil der ängstliche Hund sich defensiv aggressiv verhält. Im schlechtesten Fall ist diese Erfahrung für beide Hunde so extrem, dass die Unsicherheit/Angst bestärkt oder gar ausgelöst wird,“ verdeutlicht Kristina.
Im Behandlungsraum: Leichter gesagt als getan: „Selbst cool und entspannt bleiben, wird nicht funktionieren, denn wenn man aufgeregt ist, ist man aufgeregt. Unsere hochsensiblen Hunde nehmen den erhöhten Herzschlag oder eine geänderte Schweiß-Zusammensetzung wahr und spiegeln dies oftmals. Manchmal hilft es, eine andere, dem Tier vertraute Person, zum Tierarzt zu schicken“, rät Kristina.
Nach dem Praxisbesuch ist vor dem Praxisbesuch
„Man sollte darauf achten, zu Hause keine unbewussten Rituale vor einem Praxisbesuch zu entwickeln: Etwa den Ordner mit der Krankengeschichte des Tieres immer nur dann aus dem Schrank zu holen. Unsere Hunde sind unglaubliche Beobachter und werden schnell verstehen, was das bedeutet. Eine Unsicherheit oder Angst baut sich dann schon vorher auf“, empfiehlt Kristina.
Quellen
1: Riemer, S., Heritier, C., Windschnurer, I., Pratsch, L., Arhant, C., Affenzeller, N.: (2021). „A Review on Mitigating Fear and Aggression in Dogs and Cats in a Veterinary Setting.“, Animals 11(1), 158
2: Wright A., et al., JSAP 2022 1–10
3: IHS Markit and Stonehaven Consulting: Canine and Feline Pain Market Animal Health Market Analysis, 2021
4: Enomoto M., et al. Sci Rep. 2024 Feb 3;14(1)