VIER PFOTEN Expertin gibt Tipps für eine tierfreundliche Nestbauhilfe
Hamburg. Das ausgekämmte Fell des Hundes im Garten oder auf der Wiese ausbreiten – viele Tierfreunde glauben, damit den Vögeln beim Nestbau etwas Gutes zu tun. Schließlich ist Hundehaar weich, warm und scheinbar ideal für ein gemütliches Nest. Doch was gut gemeint ist, kann fatale Folgen haben. Eva Lindenschmidt, Diplom-Biologin und Wildtierexpertin in der VIER PFOTEN Wildtierstation TIERART, warnt eindringlich vor dieser Praxis und kennt artgemäße Alternativen.
Hundehaare als Nistmaterial
– ein unterschätztes Risiko
„In sozialen Netzwerken wird diese Idee immer wieder geteilt: ausgekämmte Hundehaare als Nistmaterial für Vögel“, erklärt Eva Lindenschmidt. „Doch so nett das klingt – in der Praxis kann es für viele Vogelarten sogar gefährlich werden.“
Zwar verwenden einige Wildvögel Tierhaare zum Nestbau, doch es handelt sich dabei meist um einzelne Haare von Wildtieren, die in ihrem Lebensraum natürlich vorkommen. Diese sind frei von Rückständen und kommen nicht in großen Mengen vor – im Gegensatz zu ausgekämmten Hundehaaren, die sich oft an einer Stelle konzentrieren.
Rückstände im Fell:
unsichtbare Gefahr für Jungvögel
Ein besonders großes Problem sind chemische Rückstände, die sich im Fell von Haustieren befinden können. Viele Hunde werden regelmäßig mit sogenannten Spot-On-Präparaten gegen Zecken, Flöhe oder andere Parasiten behandelt. Diese Mittel enthalten Insektizide, die für ausgewachsene Hunde in der Regel unbedenklich sind – nicht aber für empfindliche Jungvögel.
„Wenn Vögel pestizidbelastete Haare in ihr Nest legen, können die Rückstände direkt mit der empfindlichen Haut der Küken in Kontakt kommen – oder sogar von ihnen aufgenommen werden“, warnt Lindenschmidt. Auch Reste von Shampoos, Medikamenten oder Hautpflegemitteln können im Fell haften bleiben und giftig wirken.
Die möglichen Folgen: Hautreizungen, Entwicklungsstörungen oder im schlimmsten Fall Vergiftungen, die dem Nachwuchs das Leben kosten können.
Strangulationsgefahr durch lange Haare
Ein weiteres, oft unterschätztes Risiko ist die physische Gefahr, die von langen oder dichten Haaren ausgeht. Anders als in der Natur, wo Vögel einzelne Haare mit natürlichen Materialien wie Moos, Federn und Gräsern kombinieren, verwenden sie in einem Haarhaufen fast ausschließlich dieses Material. Das kann zu Problemen führen.
„Längere Hundehaare können sich um die zarten Beine, Flügel oder Krallen von Jungvögeln wickeln“, erklärt die Expertin. „Im schlimmsten Fall kommt es zur Strangulation oder zum Abbinden von Gliedmaßen – was zu schweren Verletzungen oder sogar einem qualvollen Tod führen kann.“
Vögel artgemäß unterstützen
Wer heimische Vögel beim Nestbau unterstützen möchte, sollte auf natürliche, unbehandelte Materialien setzen – und dabei auf Menge und Mischung achten. Geeignet sind zum Beispiel:
- kurze, trockene Grashalme,
- kleine Zweige und Reisig,
- Moos oder Federn, sofern sie natürlich vorkommen.
Noch besser: Einen Teil des Gartens naturnah und unaufgeräumt belassen. Eine Wildnisfläche mit hohem Gras, Sträuchern und Laub bietet Vögeln nicht nur geeignetes Nistmaterial, sondern auch Nahrung und Rückzugsmöglichkeiten.
„Vögel sind wahre Baumeister“, sagt Lindenschmidt. „Wenn wir ihnen Raum und Vielfalt bieten, finden sie ganz von selbst das, was sie brauchen – ganz ohne unsere Hilfe.“
Fazit: Hände weg von Hundehaaren im Garten
So gut es auch gemeint sein mag – bitte keine Hundehaare in der Natur hinterlassen, appelliert Eva Lindenschmidt. „Der Wunsch zu helfen ist ehrenwert, aber manchmal ist weniger mehr. Was als liebevolle Geste gedacht ist, kann für Jungvögel zur Todesfalle werden.”