Volle Tierheime kön­nen die Abgabeflut nicht mehr stemmen.

Bonn. Während die Zahl der Menschen, die ihre Katze oder ihren Hund abge­ben möch­ten, nicht abreißt, fehlt es in den Tierheimen der­zeit oft an Kapazitäten, alle unge­woll­ten Tiere zu über­neh­men. Gründe für den Abgabewunsch des Halters sind meist Überforderung, feh­len­de Zeit, Beißvorfälle oder gestie­ge­ne Tierarztkosten.

„Wenn Menschen ihre Haustiere abge­ben wol­len oder müs­sen, sind Tierheime die ers­te Anlaufstelle. Gleichzeitig küm­mern sich Tierheime um gefun­de­ne und behörd­lich beschlag­nahm­te Tiere. Sie haben damit eine sys­tem­re­le­van­te Funktion in unse­rer Gesellschaft“, erklärt Lea Schmitz, Pressesprecherin des Deutschen Tierschutzbundes. In vie­len Tierheimen fehlt der­zeit jedoch der Platz, um Abgabetiere sofort auf­zu­neh­men. Nur 18 Prozent der Tierheime haben noch Kapazität. Oft gibt es Wartezeiten, bis ein Platz frei wird. Insbesondere alte, kran­ke und im Verhalten auf­fäl­li­ge Tiere bele­gen Tierheimplätze teil­wei­se auf lan­ge Zeit, bis sich neue Besitzer finden.

Verantwortungsvolle Vermittlung im pas­sen­den Zuhause
Tierheimhund (Symbolbild)Findet sich auch nach inten­si­ver Suche kein Tierheimplatz, emp­fiehlt der Deutsche Tierschutzbund den Haltern eine pri­va­te Vermittlung inner­halb der eige­nen Familie, im Freundes- oder Bekanntenkreis, gege­be­nen­falls auch über Aushänge in der Nachbarschaft oder Anzeigen in der ört­li­chen Presse. „Man soll­te sicher­stel­len, dass das Tier in ein gutes Zuhause kommt und sich die Haltungsbedingungen anschau­en. Tier und Interessen müs­sen sich vor­her ken­nen­ler­nen“, sagt Schmitz. Vor Verkäufen über Kleinanzeigenportale im Internet warnt der Deutsche Tierschutzbund hin­ge­gen: „Wer sein Tier online deutsch­land­weit anbie­tet, weiß nicht, in wel­che Hände es gelangt. Tiere wer­den schnell zu Wanderpokalen, die mehr­fach wei­ter­ge­reicht oder ver­kauft wer­den. Für die Tiere eine Tragödie.“ Wer sein Tier aus­setzt, han­delt nicht nur ver­ant­wor­tungs­los, son­dern begeht auch eine Ordnungswidrigkeit. Es droht ein Bußgeld von bis zu 20.000 Euro. Kommt das Tier durch das Aussetzen ernst­haft zu Schaden, han­delt es sich sogar um eine Straftat; das Strafmaß liegt bei bis zu drei Jahren Haft.

Wohin aber mit einem Tier, für das sich kein neu­er Halter fin­det? „Am Ende ist und bleibt der Besitzer selbst ver­ant­wort­lich für das Tier, das er sich zuge­legt hat. Er muss für sein Tier sor­gen – solan­ge, bis sich eine Lösung fin­det.“ Am bes­ten sei natür­lich, gar nicht erst in die­se schwie­ri­ge Lage zu gera­ten. „Angesichts der vol­len Tierheime ist es wich­ti­ger, denn je, die Anschaffung eines Tieres gut zu über­den­ken“, so Schmitz.

Politik muss Tierheime entlasten
Ursächlich für die kri­ti­sche Lage der Tierheime ist die Politik, die die Heime über Jahrzehnte im Stich gelas­sen und zu wenig geför­dert hat. Während es an finan­zi­el­len Mitteln für Neu- und Umbauten sowie an Personal man­gelt, reißt im Tierheim der „Nachschub“ unge­woll­ter Tiere, die unüber­legt und oft ohne jede Sachkenntnis des Halters ange­schafft wur­den, nicht ab. Auch die feh­len­de deutsch­land­wei­te Kastrationspflicht für Freigängerkatzen trägt zu einer Überbelegung mit uner­wünsch­tem Katzennachwuchs sowie Fundkatzen und ver­wais­ten Kitten von Straßenkatzen bei. Um die Tierheime zu ent­las­ten, for­dert der Deutsche Tierschutzbund des­halb ein Verbot des Onlinehandels mit Tieren, eine bestä­ti­gen­de Kennzeichnung und Registrierung für Hunde und Katzen, einen bestä­ti­gen­den Sachnachweis vor der Tieranschaffung und eine bun­des­wei­te Kastrationsplicht für Katzen mit Freigang. Die 80 Millionen Euro für Tierheime, die es laut eines AG-Papieres der Verhandler von Union und SPD in der kom­men­den Legislaturperiode geben soll, sind zwin­gend not­wen­dig, um den prak­ti­schen Tierschutz vor dem Zusammenbruch zu bewahren.