Bremen. Ein gro­ßes Risiko für Demenzkranke besteht dar­in, sich zu ver­lau­fen und den Weg nach Hause nicht wie­der­zu­fin­den. Passiert das im Winter oder in länd­li­chen Gegenden, kann es für die ori­en­tie­rungs­lo­se Person töd­lich enden. Ein Seniorenheim in Duisburg alar­miert in sol­chen Fällen eine ehren­amt­li­che Staffel aus Mensch-Hund-Teams.

Gespanntes Warten, alle möch­ten mit­ma­chen. Im Saal des Altenheims Casa Mia in Duisburg haben sich mehr als 30 Senioren ver­sam­melt. Es ist Trainingstag: Die Spürhunde von Hundetrainer Andreas Kühm kom­men ins Haus. In Teams aus je einem Tier und einem Hundeführer üben sie, Menschen zu fin­den – Menschen, die ver­lo­ren gegan­gen sind.

Vermisste Personen rasch aufgespürt
„Gerade Menschen mit Demenz spü­ren oft einen star­ken Drang zu lau­fen und fin­den dann nicht wie­der zurück“, erläu­tert Andreas Kühm sein Engagement im Seniorenheim. „Selbst, wenn Demenzkranke sich nur im Haus ver­ir­ren, kann es zig Stunden dau­ern, bis man sie wie­der­fin­det. Manchmal blei­ben Personen noch län­ger ver­schwun­den, teils sogar über Nacht. Das kann fatal enden, vor allem wenn sie sich im kal­ten Winter schutz­los drau­ßen aufhalten.“

Regelmäßiges Training für den Notfall
Angesichts des­sen ent­wi­ckel­te Kühm sei­ne Idee, mit dem Seniorenheim gezielt zu koope­rie­ren. Denn sei­ne Mantrailer, also Suchhunde, die Menschen erschnüf­feln, kön­nen in sol­chen Gefahrensituationen hel­fen. „Für die Hunde ist das Erschnüffeln von Spuren wie ein Spiel – und es geht beein­dru­ckend schnell“, erklärt Kühm. Ein Test bewies es: Ein Vermisstenfall wur­de nach­ge­stellt, ein Senior ver­barg sich im Haus, beglei­tet von Pflegepersonal. „Es dau­er­te andert­halb Minuten, und der Hund hat­te ihn gefun­den“, berich­tet Kühm.

Hund beim SchnüffelnDamit im Ernstfall alle wis­sen, was zu tun ist, wird im Seniorenheim Casa Mia seit­dem regel­mä­ßig vor Ort trai­niert. Dabei bekommt der Hund zum Beispiel mit­tels getra­ge­ner Kleidung einen mensch­li­chen Geruch prä­sen­tiert. Wie genau die­ser zustan­de kommt und wie die Hunde ihn dif­fe­ren­zie­ren, ist wis­sen­schaft­lich bis­lang nicht erschöp­fend geklärt. Wahrscheinlich ist, dass er von Bakterien auf Hautschuppen stammt, die Menschen stän­dig ver­lie­ren. Dieses indi­vi­du­el­le Duftmuster machen die Hunde aus, fol­gen ihm und zei­gen dem Hundeführer so den Weg zur zuge­hö­ri­gen Person.

Wie gut das klappt, hängt unter ande­rem vom Wetter ab. „Am bes­ten ist es wind­still und feucht bei rund 20 Grad“, erklärt Kühm. Denn je ruhi­ger und nas­ser, des­to weni­ger weit wer­den die Hautschuppen ver­wir­belt. Zudem benö­ti­gen die Hautbakterien eine gewis­se Wärme, um zu arbei­ten. Also müs­sen die Suchteams zügig star­ten, damit die Spur nicht im wahrs­ten Sinne des Wortes kalt wird.

Suchspiele mit Kuschelfaktor
Aktuell gehö­ren 16 Hunde und ihre Hundeführer zu Kühms Demenzstaffel. Alle sind schon jah­re­lang dabei und haben sich bewährt. Und das nicht nur als Spürhunde, denn die Vierbeiner sind auch als Besuchstiere sehr begehrt: Wird ein­mal im Monat direkt vor Ort im ‚Casa Mia’ und dem umlie­gen­den Park trai­niert, ste­hen jedes Mal vie­le betag­te Bewohner parat. Alle wol­len Versteckperson sein, doch es kön­nen immer nur weni­ge aktiv an den Übungen teil­neh­men. „Daher haben wir par­al­lel eine Kuschelgruppe ein­ge­rich­tet“, erzählt Kühm. Wer sich nicht als Testperson ver­ste­cken darf, kann sich alter­na­tiv mit den war­ten­den Hunden befas­sen. So pro­fi­tie­ren alle: Die Hunde lie­ben die Zuwendung und die Senioren bekom­men eine Beschäftigung – und im Notfall schnel­le Hilfe.

Quelle: Forschungskreis Heimtiere in der Gesellschaft