Teil 1 von 2 der Serie Gesundheitsprävention bei Hunden

Gesundheitsprävention bei Hunden

Ist der süß! Aber ist der auch gesund?
Serie Gesundheitsprävention bei Hunden von Dr. Lena Sötje

Teil 1: Vorsorge beginnt vor der Anschaffung
Praevenire, der latei­ni­sche Ursprung des deut­schen Begriffs Prävention, bedeu­tet „zuvor­kom­men“ oder auch „ver­hü­ten“. In Verbindung mit Hunden wird dar­un­ter meist die Vorbeugung vor Krankheiten ver­stan­den, und zwar haupt­säch­lich durch Impfungen. Nichts gegen Impfungen. Ebenso wie regel­mä­ßi­ge Gesundheitskontrollen abhän­gig von Alter und Rasse sind sie wich­tig und sinn­voll. Doch zuvor­kom­men­des Verhalten von Hundebesitzern, die sich ein gesun­des Tier wün­schen, beginnt schon vor der Anschaffung.
Ein Gastbeitrag von Dr. Lena Sötje

Junger Golden RetrieverHamburg. Wonach suchen sich Menschen ihren Hund aus? Sehr häu­fig nach dem Aussehen. Das haben in einer bri­ti­schen Studie immer­hin 63 Prozent der Befragten ange­ge­ben. Andere hat­ten sich spon­tan in das Tier „ver­liebt“ oder sich für eine Rasse ent­schie­den, die ver­meint­lich zum eige­nen Charakter passt. In der­sel­ben Studie wur­de auch deut­lich, wo bei die­ser Art von Auswahl das Problem lie­gen kann: Die Hälfte der 1.500 Studienteilnehmer kann Bedürfnisse ihres Haustieres nicht erfül­len (Studie Kenell Club 2020).

Sich vor der Anschaffung über die Rasse bera­ten zu las­sen, gehört genau­so zu prä­ven­ti­ver Gesundheitsvorsorge wie umfang­rei­ches Wissen über die rich­ti­ge Haltung. Falsche Haltung, fal­sches Futter, zu wenig Bewegung – all das kann einen Hund krank machen. Abzulesen ist das zum Beispiel am Übergewicht, an dem in Deutschland mehr als drei Millionen Hunde lei­den – nach tier­ärzt­li­cher Schätzung jeder Vierte. Die Folgen sind Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gelenkprobleme.

Wer sich nicht gern bewegt oder dazu kör­per­lich nicht in der Lage ist, muss den rich­ti­gen Hund des­halb beson­ders sorg­fäl­tig aus­wäh­len. Auch das ist Vorsorge. Es gibt Hunderassen, wie Berner Sennenhund, Chow-Chow oder Havaneser, die auch mit ver­gleichs­wei­se wenig kör­per­li­cher Bewegung glück­lich und gesund blei­ben kön­nen. Für ihre geis­ti­ge Gesundheit ist aber zen­tral, dass sie auf ande­re Weise aus­rei­chend gefor­dert wer­den. Häufig zu wenig berück­sich­tigt wird dabei auch das Thema „Alleine blei­ben“. Von kei­ner Hunderasse kann man erwar­ten, dass man sie regel­mä­ßig län­ger als vier bis sechs Stunden allei­ne las­sen kann. Einige Fellnasen schaf­fen das zwar gut, ande­re hin­ge­gen kön­nen psy­chisch krank wer­den und uner­wünsch­tes Verhalten zei­gen. Depressionen und Angststörungen sind kei­nes­wegs Zweibeinern vorbehalten.

Schließlich ist da noch das Kapitel „Rassehunde mit gene­ti­scher Veranlagung für bestimm­te Krankheiten.“ Gelenkerkrankungen wie Hüft- und Ellbogendysplasie kom­men bei grö­ße­ren Rassen wie Deutschem Schäferhund und Labrador vor, Boxer und Dobermann sind anfäl­lig für Herzprobleme. Wer sich für eine die­ser Rassen ent­schei­det, soll­te sich die­ser Veranlagung bewusst sein.

Aus gesund­heit­li­cher Sicht soll­te man von der Anschaffung von kurz­schnäu­zi­gen Hunden abse­hen. Dazu gehö­ren etwa die Französischen Bulldoggen, die­se bestechen mit einem meist sehr freund­li­chen Wesen und haben sehr an Beliebtheit zuge­nom­men. Leider lei­den die­se Hunde fast immer an dem „bra­chi­ze­pha­len Syndrom“ (Qualzucht), das unter ande­rem mit zu engen Nasenlöchern und Atemnot einhergeht.

Junger Golden Retriever mit MenschGrundsätzlich kön­nen aber bei jeder Rasse Erbkrankheiten auf­tre­ten. Daher ist es beson­ders wich­tig, einen guten Züchter aus­zu­wäh­len. Dieser soll­te Mitglied in einem Verein oder Zuchtverband sein. Die Elterntiere sind dann in der Regel auf Erbkrankheiten getes­tet und regel­mä­ßig unter­sucht. Ein guter Züchter ach­tet nicht nur auf die Gene der Tiere, son­dern legt auch den Grundstein für eine gesun­de Aufzucht und Haltung. Zu oft wer­den noch Tiere, teils ille­gal und güns­tig aus dubio­ser Herkunft, über Anzeigen aus dem Internet gekauft. Die Elterntiere wei­sen kei­ne Gesundheitszertifikate auf, meist kann man sie sich nicht ein­mal anschau­en. Solche Welpen sind oder wer­den häu­fig krank, manch­mal schwer krank. Werden sie ohne gro­ßen Menschenkontakt im Stall oder Keller auf­ge­zo­gen, wer­den sie zudem verhaltensauffällig.

Auch wer sich für einen Tierschutzhund und damit für eine gute Tat ent­schei­det, soll­te sich gut vor­ab infor­mie­ren. Obwohl die Hunde von außen gesund aus­se­hen, kön­nen Tierschutzhunde Traumata und Angstproblematiken sowie eine Reihe an Krankheitserregern mit­brin­gen, die eine lebens­lan­ge Behandlung zur Folge haben. Die Krankheitsbilder kön­nen auch erst vie­le Jahre spä­ter auftreten.

Egal, für wel­chen Hund man sich am Ende ent­schei­det: In jedem Fall lohnt es sich, über den Abschluss einer Tierkrankenversicherung nach­zu­den­ken. Tiergesundheit ist mehr als die jähr­li­che Impfung und kann mit hohen Kosten ein­her­ge­hen. Sinnvoll ist sie für jeden Hund – denn auch die bes­te und regel­mä­ßigs­te Vorsorge kann Erkrankungen nicht aus­schlie­ßen und Unfälle nicht verhindern.


Über Dr. Lena Sötje
Dr. Lena Sötje ist lei­ten­de Tierärztin der Medivet-Praxen in Hamburg-Stellingen und Pinneberg. Ihr Tiermedizin-Studium hat sie an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover absol­viert und an der Freien Universität Berlin pro­mo­viert. Sie ist eine Kleintiermedizin-Allrounderin und begeis­tert sich zusätz­lich für Vogel- und Heimtiermedizin. Privat hält Dr. Sötje neben Hühnern auch eine Katze. Sie hat ein gro­ßes Herz für Tiere und ein Faible für Naturwissenschaften.

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