Die Traumfigur ist Geschmacksache – Gesundheit nicht.
Wie Speiseplan und Körpergewicht die Lebensfreude von Hund und Katze beeinflussen.

München. Wer die Figur sei­nes vier­bei­ni­gen Freundes im Auge behält, tut sei­nem Tier – und sich selbst – viel Gutes, denn schlan­ke Tiere kön­nen bis zu zwei Jahre län­ger leben. Aber war­um sind über­schüs­si­ge Pfunde ein ernst zu neh­men­des Problem? Was ist das rich­ti­ge Gewicht? Und wie sieht ein gesun­der Speiseplan aus?

Bisweilen soll­te man bei unse­ren Hunden und Katzen immer wie­der mal einen Blick auf die Waage wer­fen. Auch wenn der eine oder ande­re bei die­sem Thema lie­ber den Kopf in den Sand ste­cken wür­de: Es lohnt sich, recht­zei­tig aktiv zu wer­den, statt den inne­ren Schweinehund sie­gen zu las­sen und am Ende einen hohen Preis dafür zu zah­len. Schließlich geht es nicht nur um irgend­wel­che Schönheitsideale, son­dern um nichts Geringeres als die Gesundheit und damit Lebensqualität und Lebensfreude.

Gewichtsmanagement für Hund und Katze: Die Traumfigur ist Geschmacksache – Gesundheit nicht.Wer der Ernährung von Hund und Katze gro­ße Aufmerksamkeit schenkt, tut dies zu Recht, denn eben­so wie beim Menschen gilt: Das Tier ist, was es isst. Den Ernährungszustand unse­rer vier­bei­ni­gen Mitbewohner rich­tig zu beur­tei­len, ist aller­dings gar nicht so ein­fach. Außerdem kann eine Gewichtszunahme mit einer gan­zen Reihe von Faktoren zusam­men­hän­gen, wie Alter, Rasse und Charakter oder auch eine Kastration – schwups, schon sinkt der Energiebedarf, der Appetit indes bleibt. Eine Herausforderung für Tier und Besitzer. Figürliche Veränderungen kön­nen aber auch auf eine Erkrankung, wie der Schilddrüse, hin­wei­sen. Es lohnt sich also, sich mal bei einem Experten eine Einschätzung und ein paar Tipps abzuholen.

Gewichtsmanagement ist weder Luxus noch Spielerei
„Übergewicht ist kei­nes­falls auf die leich­te Schulter zu neh­men“, bestä­tigt Privatdozentin Dr. Petra Kölle, tier­me­di­zi­ni­sche Ernährungsspezialistin an der Medizinischen Kleintierklinik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. „Rund zwei Drittel unse­rer Hunde sind Studien zufol­ge zu dick, das gefähr­det ihre Gesundheit. Eine recht­zei­ti­ge Abklärung des Ernährungszustands kann Tier und Besitzer Leid und Kosten erspa­ren.“ Dr. Kölle ver­steht, dass die Figur des vier­bei­ni­gen Lieblings ein heik­les Thema ist und kennt die Sorge vie­ler Tierbesitzer, dass Änderungen im Speiseplan mit zu viel Aufwand ver­bun­den sein könn­ten. Die Spezialistin weiß aber auch, wie wich­tig ein ver­nünf­ti­ges Gewichtsmanagement und eine aus­ge­wo­ge­ne Ernährung für die Tiere sind – und: „Oft lässt sich mit ein paar ein­fa­chen, klei­nen, aber wir­kungs­vol­len Anpassungen beim Füttern schon ganz viel erreichen.“

Zweimal in der Woche steht Dr. Kölle Tierbesitzern in einer kli­ni­schen Sprechstunde zum Thema Gewichtsmanagement Rede und Antwort. Die Spezialsprechstunde ist ihr ein gro­ßes Anliegen. Vor rund einem Jahr konn­te sie das neue Angebot gemein­sam mit Klinikvorstand Prof. Dr. Katrin Hartmann und unter­stützt durch den Tierfuttermittelhersteller Royal Canin auf den Weg brin­gen. „Ich hal­te es für sehr wich­tig, die Tiere ‚live‘ zu erle­ben und zu unter­su­chen, um mir ein ver­läss­li­ches Urteil bil­den zu kön­nen“, erklärt Dr. Kölle. „So kön­nen wir den zukünf­ti­gen Fütterungsplan auch am bes­ten den indi­vi­du­el­len Bedürfnissen von Tier und Besitzer anpas­sen und der Besitzer erfährt, wie er sein Tier selbst rich­tig ein­schät­zen und figür­li­che Veränderungen über­prü­fen kann.“ BCS lau­ten die drei ent­schei­den­den Buchstaben. Sie ste­hen für Body Condition Score, ein System zur objek­ti­ven Beurteilung des Ernährungszustands eines Tieres. Wie der BCS zu bestim­men ist, erklärt Dr. Kölle in ihrer Sprechstunde. Hier lässt sich auch am bes­ten fest­stel­len, ob mög­li­cher­wei­se eine Erkrankung das Gewicht beeinflusst.

Royal Canin: Snacktabelle - Energiegehalte verschiedener "Extras" für den HundMit ein paar klei­nen Tipps und Tricks ist das Wunschgewicht dann oft schon gar nicht mehr in so wei­ter Ferne. Entscheidend ist: Alles, was Hund oder Katze frisst – ob die Reste vom Mittag- oder Abendessen oder das Leckerli zur Belohnung oder zwi­schen­durch – ist in die Gesamtfuttermenge ein­zu­rech­nen. Vor allem bei Leckerlis und Kauprodukten über­se­hen vie­le Tierbesitzer den häu­fig sehr hohen Kaloriengehalt. Royal Canin hat eine Übersicht dazu erstellt, der zu ent­neh­men ist, dass bei­spiels­wei­se 190 Gramm Rinderhautkauknochen etwa 700 Kilokalorien ent­hal­ten. Das ent­spricht bereits 67 Prozent des Tagesbedarfs eines zwan­zig Kilogramm schwe­ren Hundes. „Ein gesun­der, kalo­rien­ar­mer Ersatz sind Obst und Gemüse“, rät Dr. Kölle. „Viele Hunde akzep­tie­ren Äpfel, Birnen, Karotten oder Zucchini als Happen für zwi­schen­durch. Ebenso eig­net sich kalo­rien­ar­mes Trockenfutter als Leckerliersatz.“

FDH reicht nicht aus
Gilt es, meh­re­re Pfunde abzu­bau­en, ist zu beach­ten, dass das FDH-Prinzip „Friss-die-Hälfte“ nicht aus­reicht. Wird die Futtermenge ein­fach hal­biert, ver­rin­gert sich zwar die Energiezufuhr, gleich­zei­tig aber auch der Anteil an wich­ti­gen Proteinen, Mineralstoffen und Vitaminen und es kann zu einem emp­find­li­chen Nährstoffmangel kom­men. Hier ist es rat­sam, die Futterration auf einen aus­rei­chen­den Nährstoffgehalt über­prü­fen und den Abnehmprozess pro­fes­sio­nell beglei­ten zu las­sen. In Absprache mit dem Ernährungsspezialisten kann dem Futter auch Zellulose bei­gemischt wer­den. Der geschmacks­neu­tra­le Pflanzenfaserstoff erhöht das Volumen der Ration, stei­gert das Sättigungsgefühl und trägt zur bes­se­ren Verdauung bei. Eine prak­ti­sche Alternative zur selbst zusam­men­ge­stell­ten Ration ist eine fer­ti­ge Reduktionsdiätnahrung – vor­aus­ge­setzt, der bedarfs­de­cken­de Gehalt an allen lebens­wich­ti­gen Nährstoffen ist wirk­lich garan­tiert. Beim einen oder ande­ren Kandidaten mag zudem ein Anti-Schling-Napf hilf­reich sein, des­sen Erhebungen am Napfboden das gefühl­te „Inhalieren“ des Futters ver­hin­dern. Und wie bei jeder Diät ist Bewegung, etwa beim Spiel mit Artgenossen oder auch beim gelenk­scho­nen­den Schwimmen, dem Erfolg zuträglich.

„Die Idealfigur mag Geschmacksache sein – hier geht es aber um Gesundheit. Übergewicht gefähr­det Herz und Kreislauf der Tiere, schwächt ihr Immunsystem, scha­det dem Bewegungsapparat und erhöht das Krebsrisiko“, warnt Dr. Kölle. „Wenn Liebe durch den Magen geht, gibt es dann einen grö­ße­ren Liebesdienst, als sich ernst­haft mit dem Thema Gewichtsmanagement aus­ein­an­der­zu­set­zen und für sei­nen Hund oder sei­ne Katze einen Speiseplan zusam­men­zu­stel­len, der satt macht, schmeckt und neben der rich­ti­gen Energiemenge alle not­wen­di­gen Nährstoffe enthält?“

Über die Medizinische Kleintierklinik
Die auf Hunde und Katzen spe­zia­li­sier­te Medizinische Kleintierklinik ist eine von sechs Kliniken des Zentrums für kli­ni­sche Tiermedizin der LMU München. Mit Innerer Medizin, Dermatologie und Allergologie, Kardiologie, Onkologie, Intensiv- und Notfallmedizin, Neurologie, Physiotherapie, Gesundheitsvorsorge und Ernährungsberatung ver­eint die Medizinische Kleintierklinik ein außer­ge­wöhn­lich brei­tes medi­zi­ni­sches Spektrum unter ihrem Dach. Alle Fachbereiche wer­den von inter­na­tio­nal aner­kann­ten Spezialisten gelei­tet. Weiterhin ste­hen den Patienten Spezialisten für Krankheiten des Magen-Darm-Trakts, des Harntrakts, des Atmungsapparats und des Blutes sowie für Infektionskrankheiten und hor­mo­nel­le Erkrankungen zur Verfügung.

Die Spezialsprechstunde „Gewichtsmanagement“ fin­det jeweils mitt­wochs von 8 bis 10 Uhr und don­ners­tags von 16 bis 18 Uhr (mit Termin) statt – Terminvereinbarung über die Medizinische Kleintierklinik, Tel. 089 2180–2650 (Montag bis Donnerstag, 8 bis 18.30 Uhr, und Freitag, 8 bis 17.30 Uhr) oder info@​medizinische-​kleintierklinik.​de. Individuelle Terminvereinbarungen sind eben­falls möglich.