Leverkusen. Kaum etwas bringt Hundebesitzer so ins Schwitzen wie ein bellender Hund. Und das aus gutem Grund: Bellen ist laut, es ist gesellschaftlich wenig akzeptiert und es sorgt nicht selten für Ärger in der Nachbarschaft. Kein Wunder also, dass viele Menschen das Bellen ihrer Hunde schnell und sicher abstellen wollen. Das Problem: Bellen ist Teil des natürlichen Ausdrucksverhaltens von Hunden und es ist Kommunikation.
Dies zu unterdrücken, führt zu weiteren Problemen und ist streng genommen sogar tierschutzwidrig. Denn bereits der Paragraf 1 des Tierschutzgesetzes bestimmt, „Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen.“
Das OLG Hamm hat verschiedene Urteile zum Thema Hundegebell erlassen, mit dem Ergebnis, dass der Hund maximal zehn Minuten am Stück und bis zu 30 Minuten täglich und in den Ruhezeiten nicht im Freien bellen darf (OLG Hamm, Urteil vom 16.11.1989, Az.: 22 U 249/89), (OLG Hamm, Urteil vom 11. April 1988, Az.: 22 U 265/87). Glücklicherweise urteilen die meisten Gerichte milder, hin- und hergerissen zwischen dem Ruhebedürfnis und dem Bedürfnis nach Hundehaltung.
Doch eins ist klar: Vor Gericht wollen sich die wenigsten Menschen mit ihren Nachbarn wiederfinden – deshalb ist es oft sinnvoller, sich gütlich zu einigen – und das Bellen auf ein sozial verträgliches Maß zu reduzieren.
Warum Hunde bellen
Die meisten Beller machen Hundehalter auf ein mangelndes Wohlbefinden aufmerksam und artikulieren ein Bedürfnis. Hunde bellen, um zu kommunizieren. Und genau deshalb bellen sie mehr als Wölfe. Das Artikulieren ihrer Bedürfnisse ist Teil der Evolution und der Domestikation, es wird als eine der Folgen des Zusammenlebens mit dem Menschen gesehen.
Bellen ist energiesparender als Heulen, wird aber auch weniger weit gehört. Wölfe bellen selten und richten ihr Bellen in der Regel an benachbarte Tiere, es gehört zu ihrem Drohverhalten.
Hunde haben, vermutlich als Konsequenz, im Zusammenleben mit uns Menschen eine Vielzahl von Belllauten entwickelt, die uns Informationen über Wohlbefinden, Bedürfnisse und Stimmungen vermitteln können. Bei vielen Hunderassen wurde das Bellen sogar gezielt als Informationsart selektiert.
Das bedeutet jedoch nicht, dass wir dem Gebell hilflos ausgeliefert sind oder es immer und jederzeit hinnehmen müssen. Wer sich die Mühe macht, das Hundegebell näher unter die Lupe zu nehmen und die dahinterliegenden Bedürfnisse wahrzunehmen, kann andere Strategien der Kommunikation mit dem Hund trainieren.
Wie Hunde bellen
Beim Bellen zählt nicht nur die Tonlage, sondern auch der Rhythmus und die Blickrichtung. Hohe Töne sind eher aus Angst oder Furcht heraus abgegeben. Tiefe Töne sind ein Indiz für das Bedürfnis nach Vertreiben. Mittlere Tonlagen und sehr gleichmäßige Laute sprechen für Frustration oder Konflikte, also widerstreitende Emotionen. Schaut ein Hund beim Bellen ein anderes Individuum direkt an, kann dieses davon ausgehen, dass das Bellen auch an es gerichtet ist.
Während der Hund, der beim Bellen ins Leere schaut, oft im Konflikt ist. Ein weiterer Hinweis ist, wenn zusätzlich ein wenig Weiß im Auge des Hundes sichtbar wird.
Bei diesen Bellformen ist nicht nur ein Training an den eigentlichen Ursachen wichtig, sondern es bietet sich auch an, für schwierige Momente entspannende Rituale und Signale zu trainieren, um den Hund zu unterstützen.
Bellen entspannt
Bellen selbst kann einen belohnenden Effekt enthalten: Heftiges Ausatmen entspannt. Macht der Hund sich über das Bellen Luft und lässt Dampf ab, kann dies zu seinem Standard-Druckventil werden. Ein Entspannungstraining setzt auf andere Ventile und sorgt dafür, dass wir uns einschalten und den Hund lenken können.
Dabei geht es nicht darum, dem Hund seine Kommunikation zu verbieten und den Druck zu erhöhen, sodass er sich nicht mehr traut seine Bedürfnisse zu äußern, sondern darum, dem Hund andere Wege schmackhafter zu machen und dem Bellen zugleich die Verstärkung möglichst weit zu entziehen.
Fazit
Jedes Bellen hat einen Grund – wenn es uns stört, sollten wir auf die Suche nach den Ursachen gehen. Natürlich gibt es Rassen, die als bellfreudig gelten, doch gibt es für jedes Bellen konkrete Gründe, die sich aus der Situation und der emotionalen Lage des Hundes ergeben.
Nicht jedes Bellen ist mit Missstimmung und mangelndem Wohlbefinden gleichzusetzen, manchmal teilen Hunde uns auch einfach was mit. Dann sind die Stimmen weicher und die Töne melodischer.
Letzteres wird von uns Menschen in der Regel nicht nur deutlich weniger unangenehm empfunden; es lässt sich meistens auch durch ein kurzes Gespräch und angenehme soziale Interaktion unterbrechen, ohne dass das Bedürfnis des Hundes zu kurz kommt.
Menschen mit bellfreudigen Hunden tun sich einen Gefallen, wenn sie neben einem Entspannungstraining auch das Bellen und das Beenden des Bellens mit einem Signal verknüpfen. So können sie dem Hund nicht nur einfach mitteilen, dass Bellen jetzt in Ordnung ist, sondern ihn auch ohne Druck stoppen, wenn er in ungünstigen Momenten bellt. Dabei handelt es sich um nichts anderes als lustige Tricks, die in kleinen Beschäftigungseinheiten geübt und in Alltagssituationen sinnvoll genutzt werden können.
Über Anne Bucher
Anne Bucher (andersmithund.com) ist ausgebildete Hunde- und Tiertrainerin, Life-Coach und eine im deutschsprachigen Raum gefragte Vortragrednerin und Dozentin. Nach vielen Jahren in der Tierrettung wollte sie verstehen, wie sich Probleme nach der Vermittlung vermeiden lassen. Aus der Faszination für die Verhaltensbiologie der Hunde wurde ein eigenes Konzept: ‚Anders mit Hund’. Das bedürfnisorientierte Training zielt auf die Entwicklung von Hund-Mensch-Teams und kommt ohne Gewalt und Zwang aus. Basis ist ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse und Psychologie von Hunden, gepaart mit den Anforderungen an das Leben in der modernen Gesellschaft.