Bremen. Gefühle von Angst, Depression oder auch Wut verlieren, Selbstbewusstsein und mehr Lebensqualität gewinnen: Hunde als Begleittherapeuten können dabei helfen, solche mentalen, psychologischen und körperlichen Symptome zu lindern – speziell auch bei Jugendlichen mit Essstörungen. Das zeigt eine Pilotstudie der staatlichen Universität Rey Juan Carlos University und des Niño Jesús Hospital in Madrid.
In Deutschland zeigen laut Daten des Robert Koch-Instituts etwa 33,6 Prozent der Mädchen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren Symptome von Essstörungen wie Magersucht, Bulimie oder Binge Eating. Bei den Jungen im gleichen Alter sind es rund zwölf Prozent. Unbehandelte Essstörungen können sogar tödlich enden – der Bedarf an therapeutischen Optionen ist somit riesig.
Das nahmen spanische Wissenschaftler zum Anlass, die Auswirkungen von hundegestützter Therapie zu untersuchen. An ihrer Studie nahmen 32 Jugendliche im Alter von bis zu 18 Jahren mit verschiedenen Essstörungen teil, die regulär im Niño Jesús Hospital behandelt wurden: 16 von ihnen bekamen zwischen April und Dezember ergänzend zu ihrer normalen Therapie einmal in der Woche eine Stunde mit tiergestützter Intervention. Die anderen 16 führten als Kontrollgruppe lediglich die reguläre Therapie weiter.
Übungen zum Ausbau sozialer Kompetenzen
Die tiergestützten Sitzungen fanden in Kleingruppen von je vier Patienten mit zwei Hunden statt, begleitet von einem Psychologen und zwei TGI-Fachkräften. Inhaltlich ging es um Übungen zur Beziehung von Patient und Tier, zur Angstreduktion, zum Ausbau sozialer Fähigkeiten, zur Impulskontrolle und zum Aufbau von Selbstbewusstsein.
Anschließend wurden die Teilnehmer befragt und Werte für das Ausmaß von Angst, Depression und Lebensqualität erhoben. Die körperliche Verfassung der Jugendlichen wurde mit einem digitalen Handkraftmessgerät sowie per Body-Mass-Index ermittelt.
Hundekontakt reduziert Angst und Depression
Laut der beteiligten Psychiaterin Beatriz Martínez sanken die Werte für Depression und Angst in der Hundegruppe sechsmal stärker als in der Kontrollgruppe. Noch deutlicher sah der Erfolg bei Aspekten wie Vertrauen zu anderen, dem eigenen Körpergefühl oder der Furcht aus, sich körperlich zu verändern. In der Hundegruppe gab es auch stärkere positive Gewichtsveränderungen – nach oben oder unten, je nach Art der Essstörung.
Zwar können die ermittelten Daten zu einzelnen Symptomen nur als erste Hinweise gelten, da Zahl der Probanden gering war. Die Studie arbeitete mit Freiwilligen statt mit gelosten Teilnehmern. Zudem fand sie mitten in der Corona-Zeit statt und es ist davon auszugehen, dass Gesichtsmasken das Verhalten von Mensch und Tier und damit die Ergebnisse beeinflussen: Gerade Hunde sind auf die Mimik der Menschen angewiesen, um ihr Verhalten im Kontakt zu steuern. Ohne Masken sähen die konkret ermittelten Werte womöglich anders aus.
Dennoch: Die Pilotdaten sind durchweg positiv und die Erwartungen an die Anschlussstudie mit einer größeren Zahl und zufällig ausgewählten Teilnehmern sowie längerer Therapiedauer somit groß.
Quellen:
Universität Rey Juan Carlos, Zentrum für Sportstudien, Ana Myriam Lavin-Pérez · Hospital Infantil Universitario Niño Jesús, Abteilung Psychiatrie und Klinische Psychologie, Beatrice Martínez-Núñes · Universität Rey Juan Carlos,l Animal-Assisted Intervention Office, Christina Martín-Sánchez
Quelle: Forschungskreis Heimtiere in der Gesellschaft