Hamm. Ein Hund einer Verkäuferin, der sich eigen­mäch­tig in den ein­zi­gen Eingangsbereich eines Ladengeschäfts bege­ben hat und dort so ruht, dass er den Zugang zum Geschäft ver­sperrt, stellt ein gefähr­li­ches Hindernis dar. Verletzt sich ein Kunde beim Verlassen des Geschäfts, weil er über den Hund stürzt, haf­tet die Hundebesitzerin als Tierhalterin. Das hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 15. Februar 2013 ent­schie­den und inso­weit die erst­in­stanz­li­che Entscheidung des Landgerichts Hagen abgeändert.

Die 61-Jährige Klägerin aus Gummersbach kauf­te am 28. August 2009 in einem Reitsportgeschäft in Meinerzhagen ein, in dem die Beklagte als Verkäuferin beschäf­tigt war. Beim Verlassen des Geschäfts stürz­te die Klägerin über die im Eingangsbereich lie­gen­de Schäferhündin der Beklagten. Als Hundehalterin nahm die Beklagte ihre Hündin mit Zustimmung des Geschäftsinhabers regel­mä­ßig ins Ladengeschäft mit. Am Unfalltag hat­te sich die Hündin eigen­mäch­tig in den ca. 1,5 m von der Kasse ent­fern­ten Eingangsbereich bege­ben und ruh­te dort so, dass sie den Zugang zum Geschäft so gut wie ver­sperr­te. Sie war von der Klägerin, hin­ter deren Rücken sie lag, über­se­hen wor­den, als sich die Klägerin nach dem Bezahlen an der Kasse zum Ausgang bege­ben hat­te. Durch den Sturz zog sich die Klägerin eine schwe­re Knieverletzung zu, für die sie von der Beklagten Schadensersatz ver­langt, u.a. ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von 15.000 €. Die Beklagte hat gemeint, dass kei­ne Tierhalterhaftung ein­grei­fe und die Klägerin den Sturz auf­grund ihrer Unaufmerksamkeit selbst ver­schul­det habe.

Der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Voraussetzungen einer Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB bejaht und die Beklagte dem Grunde nach zum umfas­sen­den Schadensersatz ver­ur­teilt. Mit dem Sturz der Klägerin habe sich eine einem Tier typi­scher­wei­se anhaf­ten­de Gefahr ver­wirk­licht, die auf der Unberechenbarkeit und Selbstständigkeit tie­ri­schen Verhaltens beru­he. Die Schäferhündin sei ein gefähr­li­ches Hindernis gewe­sen, weil sie sich ohne Rücksicht auf das Publikum in den Geschäftszugang bege­ben und dort geruht habe. Ein solch unbe­küm­mer­tes Verhalten ent­spre­che der tie­ri­schen Natur. Das begrün­de die Tierhalterhaftung. Insoweit sei nicht dar­auf abzu­stel­len, dass die Hündin schla­fend und damit regungs­los auf dem Boden gele­gen habe, als die Klägerin über sie gestürzt sei. Ein Mitverschulden der Klägerin sei nicht zu berück­sich­ti­gen, weil die Hündin für die Klägerin schwer wahr­nehm­bar gewe­sen sei. Demgegenüber habe die Beklagte den Unfall fahr­läs­sig ver­schul­det, weil sie die Klägerin weder gewarnt noch den Hund aus dem Eingangsbereich weg­ge­schafft habe, obwohl sie mit ihm dort an sei­nem Lieblingsplatz rechnete.

Rechtskräftiges Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15.2.2013 (19 U 96/12)

Oberlandesgericht Hamm