Tipps für Tierhalter der Bundestierärztekammer

Alt und grau. Foto: Bernd-KasperBerlin. Im November, dem melan­cho­lischs­ten aller Monate, wo wir an Allerheiligen und am Volkstrauertag der Verstorbenen geden­ken, gehen uns das Thema „Alter und Tod“ beson­ders nahe. Und jedem Besitzer eines alten Hundes oder einer grei­sen Katze wird bewusst, wie end­lich die Zeit mit dem gelieb­ten Tier ist. Besonders bewegt dabei die Frage, ob die alters­be­ding­ten Beeinträchtigungen für das Tier zumut­bar sind, oder ob man es bes­ser „erlö­sen“ soll­te – vor allem, wenn man stän­dig drauf ange­spro­chen wird, dass es doch so „schreck­lich“ sei, wie hum­pelnd der alte Hund lau­fe oder dass die Katze nicht mehr ordent­lich ihr Klo aufsuche.

„Wer sein Tier kennt, soll­te sich nicht ver­un­si­chern las­sen. Außenstehende emp­fin­den alters­be­ding­te Beeinträchtigungen beson­ders bei Hunden oft als schlimm. Aber es ist in gewis­sem Umfang nor­mal, dass ein 14-jäh­ri­ger Hund nur noch lang­sam läuft, nichts mehr hört oder nur noch schlecht sehen kann. Dem kann der Tierarzt nur begrenzt ent­ge­gen­wir­ken. Alter ist kei­ne Krankheit, doch man muss sich auf die Veränderungen ein­stel­len und wie bei hoch­be­tag­ten Menschen Verständnis und Geduld auf­brin­gen“, erklärt Prof. Dr. Theo Mantel, Präsident der Bundestierärztekammer. Es bestehe aber auch die Gefahr, dass Beschwerden als Altersleiden abge­tan wür­den und dabei über­se­hen wird, dass das Tier star­ke Schmerzen hat, die gelin­dert wer­den könnten.

Ganz wich­tig ist dar­um der regel­mä­ßi­ge Besuch beim Tierarzt. Nur er kann den Gesundheitszustand von Hund oder Katze genau beur­tei­len und weiß, was bei begin­nen­der Demenz, Schmerzen und ande­ren alters­be­ding­ten Problemen zu tun ist!

Hier eini­ge all­ge­mei­ne Tipps:

  • Folgende gesund­heit­li­chen Veränderungen tre­ten bei Hund und Katze auf: Beeinträchtigung der Sinnesorgane (ins­be­son­de­re Hören und Sehen), all­ge­mei­ne Schwächung der Muskulatur und des Bindegewebes, Abnutzungserscheinungen der Knochen und Gelenke, ver­min­der­ter Stoffwechsel, Schwächung des Immunsystems.
  • Als typi­sche Verhaltensveränderungen kön­nen auf­tre­ten: Rastlosigkeit – zum Beispiel unun­ter­bro­che­nes Laufen im Kreis („Zirkeln“) – oder extre­mes Ruhebedürfnis; ver­mehr­tes Schlafen, nicht mehr vor­han­de­ne „Tag-Nacht-Trennung“ (nächt­li­che Ruhelosigkeit und tags­über tie­fer Schlaf); Appetitlosigkeit; ver­min­der­ter Spieltrieb und Lethargie; Verwirrtheit durch Orientierungslosigkeit, Vergesslichkeit (kurz nach der Fütterung wird eine wei­te­re Mahlzeit laut­stark ein­ge­for­dert), zuneh­men­de Schreckhaftigkeit durch ein­ge­schränk­tes Hör- und Sehvermögen; Kälteempfindlichkeit durch schlech­te­re Durchblutung, Bewegungsmangel und ver­än­der­ten Stoffwechsel; schein­bar unmo­ti­vier­te Lautäußerungen („Vokalisieren“ wie Winseln, Jaulen, schril­les Miauen).
  • Bei Hunden ist die Lebenserwartung sehr unter­schied­lich, man kann aber grund­sätz­lich sagen, dass ein Hund etwa mit zehn Jahren alt ist. Je grö­ßer ein Hund ist, des­to kür­zer ist sei­ne Lebenserwartung – für eine Dogge oder einen Berner Sennenhund sind zehn Jahre bereits ein bibli­sches Alter, Kleinpudel oder Dackel wer­den nicht sel­ten sogar 18 Jahre alt.
  • Bei Katzen begin­nen alters­be­ding­te Verhaltensveränderungen mit etwa 11 Jahren; ab cir­ca 15 Jahren ist mit medi­zi­ni­schen Problemen zu rech­nen. Weil Katzen sich in der Regel auch bei star­ken Schmerzen und Krankheiten nach außen eher unauf­fäl­lig zei­gen, ist es beson­ders wich­tig, das Tier genau beobachten.
  • Das abneh­men­de Seh- oder Hörvermögen und der damit ver­bun­de­ne Orientierungsverlust ver­un­si­chern Hund und Katze je nach Ausprägung mehr oder weni­ger stark und lösen Stress aus. Missverständnisse mit Menschen oder ande­ren Tieren kön­nen ent­ste­hen, da die­se als Bedrohung emp­fun­den wer­den. Es ist wich­tig, ande­re Hundebesitzer oder Besucher im Haushalt dar­auf hin­zu­wei­sen und dem Tier genü­gend Rückzugsraum zu geben.
  • Alte Tiere wer­den oft inkon­ti­nent und kön­nen Urin und Kot nicht hal­ten. Im Zoofachhandel gibt es spe­zi­el­le Windeln für Hunde, die sehr hilf­reich sind.
  • Auch Hund und Katze lei­den im hohen Alter oft an einer Art Demenz (kogni­ti­ve Dysfunktionsstörung): die Katze ver­gisst dann bei­spiels­wei­se den Standort der Katzentoilette, der alte Hund „schafft“ es nicht mehr recht­zei­tig nach drau­ßen. Für den Besitzer läs­tig, ist das für das Tier aber sicher kei­ne Qual; der indi­vi­du­el­le Fall muss mit dem Haustierarzt abge­klärt werden.
  • Sehr alte Hunde soll­ten an der Leine geführt wer­den – sie sehen und hören ihren Menschen nicht mehr und gera­ten dann in Panik. Die Leine gibt Mensch und Tier Sicherheit. Im ver­trau­ten Umfeld kön­nen sich die Tiere aber meist noch gut ori­en­tie­ren; ob ein alter Hund noch Treppen stei­gen soll­te kommt auf den Einzelfall und die Rasse an.
  • Alte Freigänger-Katzen haben manch­mal nicht mehr die Kraft, sich im Revier zu behaup­ten und kom­men mit Verletzungen nach Hause. Das Tier dar­um regel­mä­ßig auf Wunden kon­trol­lie­ren. Wohnungskatzen erleich­tert man das Leben, in dem man Kletterhilfen wie Hocker o. ä. so auf­stellt, dass pro­blem­los der Lieblingsplatz erreicht wer­den kann.
  • Alte Hunde soll­ten mög­lichst min­des­tens zwei Mal täg­lich gefüt­tert wer­den, denn die Verdauung meh­re­rer klei­ne­rer Mahlzeiten fällt leich­ter; da auch Tiere im Alter und durch die abneh­men­de Bewegung zu Übergewicht nei­gen, emp­fiehlt sich ein spe­zi­el­les ener­gie­re­du­zier­tes und leich­ter ver­dau­li­ches Seniorenfutter.
  • Die meis­ten alten Hunde und Katzen haben gro­ße Probleme mit Zähnen und Zahnfleisch: Regelmäßige Kontrollen und das Entfernen von Zahnstein durch den Tierarzt sind sehr wich­tig, denn bei Entzündungen kön­nen Bakterien leicht in die Blutbahn gelan­gen und dann ande­re Organe schädigen.

In jedem Fall gilt: Der alte Hund und die alte Katze sind „Persönlichkeiten“, die nach einem lan­gen Leben unse­re beson­de­re Aufmerksamkeit ver­dient haben. Sie hal­ten uns den Spiegel für unser eige­nes Älterwerden vor. Ihr Haustierarzt wird Ihnen dabei behilf­lich sein, den Zeitpunkt zu erken­nen, ab dem sich Ihr Tier quält.

Foto: Bernd Kasper/pixelio.de