Sulzbach/Ts. Erste Vorboten, gezün­det von unge­dul­di­gen Pyrotechnikfreunden, sind mit dem Start des Feuerwerkverkaufs zu erwar­ten. Silvester ist es dann so weit: Die für Wild- und Haustiere schlimms­te Nacht des Jahres steht an. Während vie­le Menschen an an die­sem Tag freu­dig das alte Jahr ver­ab­schie­den und sich auf die kom­men­den Monate freu­en, lei­den zahl­rei­che Tiere unter dem unvor­her­seh­ba­ren und für sie uner­klär­li­chen Lärm. Die Tierschutzorganisation TASSO e.V., die Europas größ­tes kos­ten­lo­ses Heimtierregister betreibt, möch­te mög­lichst vie­le Hunde und Katzen vor die­sem Stress und vor allem vor dem Entlaufen schüt­zen und gibt daher wich­ti­ge Tipps.

Hund und Katze - Tipps für die Silvesternacht2023 begann mit einem trau­ri­gen Rekord. Nach den Einschränkungen und Entbehrungen durch die Corona-Pandemie woll­ten vie­le Menschen wie­der aus­ge­las­sen fei­ern. Mit Folgen für zahl­rei­che Hunde und Katzen, die wäh­rend die­ser Zeit angst­vol­le Stunden durch­ste­hen muss­ten. Mehr als 1.100 Tiere wur­den am 31. Dezember 2022 und am 1. Januar 2023 in der TASSO-Notrufzentrale als ver­misst ver­zeich­net. „Wir wis­sen, dass an Silvester und Neujahr so vie­le Tiere ent­lau­fen, wie an kei­nem ande­ren Tag, aber die­se enor­me Zahl war auch für uns scho­ckie­rend“, sagt Heike Wempen-Dany, Leiterin der TASSO-Notrufzentrale. „Vor allem bei den Hunden sind die Zahlen ein­fach extrem. 2023 ent­lie­fen an einem durch­schnitt­li­chen Tag 88 Hunde, waren es an den bei­den Tagen des Jahreswechsels 333 täg­lich.“ Die ver­miss­ten Katzen lagen etwa im jähr­li­chen Durchschnitt.

Das sei aber kein Grund anzu­neh­men, dass Katzen weni­ger lei­den, sagt Lisa Borchard, Referentin Tierschutz bei TASSO und Tierärztin mit dem Schwerpunkt Tierverhalten. „Freigängerkatzen wer­den glück­li­cher­wei­se in die­ser Zeit von ihren Haltern weni­ger oder gar nicht raus­ge­las­sen und ent­lau­fen dadurch sel­te­ner. Dennoch macht auch ihnen die Situation an Silvester oft schwer zu schaf­fen.“ Nach Meinung von TASSO ist es ein wich­ti­ger Teil der ver­ant­wor­tungs­vol­len Tierhaltung, die Haustiere mög­lichst vor die­ser Angst zu schüt­zen. Borchard: „Psychische Leiden soll­ten genau­so ernst­ge­nom­men wer­den wie kör­per­li­che Erkrankungen. Bei län­ger andau­ern­der oder star­ker Angst schüt­tet der Körper Stresshormone aus, die zum Beispiel zu einer erhöh­ten Herz- und Atemfrequenz füh­ren. Ähnliches pas­siert im Körper, wenn ein Tier Schmerzen hat. Kurz gesagt: Wer Angst hat, lei­det.“ Auch schon bei Tieren, die mil­de Stressreaktionen zei­gen, soll­ten Tierhalter ein­grei­fen und das nicht abtun, appel­liert Borchard. Spätestens wenn nach der Silvesternacht noch Probleme da sind, soll­ten Tierhalter über­le­gen, was sie für das kom­men­de Silvester ändern kön­nen. Denn es besteht zusätz­lich die Gefahr der Generalisierung der Geräuschangst. Anfangs steht die Angst vor Feuerwerk im Vordergrund, häu­fig wird dar­aus aber im Laufe der Zeit eine Gewitterangst oder sogar eine gene­ra­li­sier­te Geräuschangst, bei der vie­le ver­schie­de­ne lau­te Alltagsgeräusche für das Tier pro­ble­ma­tisch werden.

Tipps für einen siche­ren Jahreswechsel

  • Zu Hause blei­ben: Ob Hund oder Katze, ob sicht­ba­re Angst oder nicht. Am bes­ten blei­ben Tierhalter in der Silvesternacht bei ihren Vierbeinern und las­sen sie nicht allei­ne. So haben die­se immer die Gewissheit, dass ihre Menschen für sie da sind.
  • Reize aus­sper­ren: Rollos run­ter, Musik oder Fernsehen an. Alles, was hilft, den unge­wohn­ten Lärm aus­zu­sper­ren, kann den Vierbeinern hel­fen, zu entspannen.
  • Rückzugsort anbie­ten und respek­tie­ren: Einige Hunde und Katzen zie­hen sich ger­ne zurück, wenn sie Angst haben. Ihre Menschen kön­nen sie dabei unter­stüt­zen, in dem sie frei­en Zugang zu die­sen Rückzugsorten ermög­li­chen und die­se gemüt­lich ein­rich­ten. Es ist hilf­reich, die­se Rückzugsorte bereits im Vorfeld, also Wochen vor Silvester, posi­tiv zu ver­knüp­fen. Beispielsweise indem man dem Hund dort sei­ne Lieblingsdecke hin­legt und eine Kaustange anbietet.
  • Sozialen Beistand leis­ten: Wenn ein ängst­li­ches Tier die Nähe sei­nes Menschen sucht, soll­te die­ser für ihn da sein. Einige Tiere möch­ten ihre Zweibeiner nur in der Nähe wis­sen, ande­re suchen mög­lichst engen Kontakt und for­dern Streicheleinheiten.

„Es ist ein Mythos, dass sich die Angst der Tiere ver­stärkt, wenn wir für sie da sind“, räumt Borchard mit einem weit­ver­brei­te­ten Irrglauben auf.

Wegfahren: Gerade mit Hunden gilt: Wer in einem beleb­ten Ort wohnt, in dem Silvester aus­gie­big gefei­ert wird, soll­te nach Möglichkeit ein­fach weg­fah­ren. „Beispielsweise zu Freunden oder Verwandten, die dort leben, wo es ruhig ist oder auf eine der Inseln, auf denen das Böllern ver­bo­ten ist“, schlägt Borchard vor. „Wenn eine län­ge­re Abwesenheit nicht mög­lich ist, kann auch eine nächt­li­che Fahrt über die Autobahn oder ein Ausflug an Orte, wie Nationalparks oder in die Nähe von Flughäfen, wo Feuerwerk unter­sagt ist, helfen.“

Sichern, sichern, sichern: Natürlich müs­sen Hunde auch an Silvester und Neujahr das Haus ver­las­sen und sich lösen. Dabei ist es dann wich­tig, sie gut zu sichern. Am bes­ten dop­pelt, mit einer Leine am Halsband und einer wei­te­ren am Geschirr. Für ängst­li­che Hunde bie­tet sich zudem ein Sicherheitsgeschirr mit zusätz­li­chem Bauchgurt an. Für den Notfall soll­ten Hunde unbe­dingt die TASSO-Plakette gut sicht­bar am Halsband oder Geschirr tra­gen. Das gilt ab sofort, denn lei­der wer­den bereits mit dem Beginn des Feuerwerksverkaufs vie­ler­orts Böller und Raketen gezündet.

Für den Ernstfall: Die Mitarbeitenden der TASSO-Notrufzentrale sind auch in der Silvesternacht durch­gän­gig für Tierhalter da. Sie geben wert­vol­le Tipps für die Suche, küm­mern sich dar­um, dass die Suchmeldungen erstellt wer­den und beru­hi­gen auf­ge­brach­te Anrufer.

Vorausplanen: Sollte die­ser Jahreswechsel für Hund oder Katze schlimm gewe­sen sein, machen sich Tierhalter am bes­ten direkt im Januar Gedanken über das nächs­te Silvester. Besteht die Möglichkeit, dem Lärm zu ent­ge­hen? Kann der Einsatz von Hilfsmitteln wie Gehörschutz, soge­nann­ten Thundershirts oder ent­span­nen­den Massagen mit dem Tier trai­niert wer­den oder braucht es sogar medi­zi­ni­sche oder ver­hal­tens­the­ra­peu­ti­sche Unterstützung? Über all das soll­te nicht erst im Dezember nach­ge­dacht werden.