Bonn. Epilepsie-Anfälle sind für Hundehalter eine erschre­cken­de Erfahrung und die Krankheit wirft vie­le Fragen auf. Wodurch ent­steht sie, lei­det der Hund und kann man etwas dage­gen tun? Nicht alle Fragen las­sen sich bis ins Detail klä­ren, weil die Krankheit bis­lang nicht bis ins Letzte erforscht ist. Was man weiß ist, dass es wirk­sa­me Medikamente und Therapien gibt, mit denen sich das Leben eines Epilepsie-Patienten durch­aus erträg­lich gestal­ten lässt. Wichtig ist die enge Zusammenarbeit zwi­schen Hundehalter und Tierarzt, eiser­ne Disziplin bei der Medikation und vor allem Geduld, Geduld und noch ein­mal Geduld.

Was ist Epilepsie eigentlich?
An Epilepsie erkrankte Hunde verhalten sich zwischen den Anfällen völlig normal. Die Anfälle erfolgen zudem meist in Ruhephasen bzw. im häuslichen Bereich. Ausgiebige Spaziergänge schaden also nichtEpilepsie ist das wie­der­hol­te Auftreten von unter­schied­lich aus­ge­präg­ten Krampfanfällen. Von einem epi­lep­ti­schen Anfall spricht man, wenn es zu einer kur­zen Störung der Hirnfunktion kommt, die sich durch das Auftreten abnor­men Verhaltens äußert. Die Störung der Gehirnfunktion kann ver­schie­de­ne Ursachen haben. Einige mög­li­che Ursachen für das Krampfgeschehen, wie Stoffwechselerkrankungen, kön­nen behan­delt wer­den. Dann tre­ten auch kei­ne Anfälle mehr auf. Leider sind beim Hund trotz auf­wen­di­ger und kos­ten­in­ten­si­ver Untersuchungen häu­fig kei­ne Ursachen zu fin­den. Man spricht dann von einer idio­pa­thi­schen Epilepsie. Die kommt bei Hunden rela­tiv häu­fig vor. Betroffen sind sowohl Rassehunde als auch Mischlinge. Bei bestimm­ten Rassen (u. a. Golden und Labrador Retriever, Beagle, Border Collie, Australian Shepherd, Pudel, Berner Sennenhund, Schäferhund, Dackel) und damit auch bei Kreuzungen die­ser Rassen tritt die Krankheit häu­fi­ger auf. Inzwischen wur­de bei eini­gen Rassen nach­ge­wie­sen, dass Epilepsie erb­lich ist. Die Krankheit ist auch geschlechtsunabhängig.

Die ers­ten Anfälle tre­ten meist im Alter von einem hal­ben bis fünf Jahren auf. Die Häufigkeit der Anfälle vari­iert. Bei einem ein­ma­li­gen Anfall oder iso­lier­ten Anfällen in Abständen von mehr als sechs Monaten besteht aus Sicht von Fachleuten noch kein Grund für eine medi­ka­men­tö­se Langzeitbehandlung. Treten die Anfälle wie­der­holt und in kür­ze­ren Abständen auf, ist nach gesi­cher­ter Diagnose eine kon­se­quen­te Therapie jedoch drin­gend anzu­ra­ten. Unbehandelt tre­ten die Anfälle sonst in immer kür­ze­ren Abständen auf und wer­den zuneh­mend weni­ger kon­trol­lier­bar. Das Risiko für Serienanfälle mit meh­re­ren Krämpfen an einem Tag oder gar einen „Status epi­lep­ti­cus“, ein lebens­be­droh­li­ches Krampfgeschehen mit einer Dauer von fünf bis 30 Minuten, steigt.

Man unter­schei­det drei Phasen eines Anfalls

  1. In der ein­lei­ten­den Phase (Aura) zeigt das Tier ein ver­än­der­tes Verhalten. Es ist unru­hig, anhäng­lich und hat einen merk­wür­di­gen Blick in den Augen. Das Tier will nach drau­ßen (teils auch umge­kehrt), kurz: Es ver­hält sich anders als nor­mal. Diese ein­lei­ten­de Phase kann ein paar Minuten bis eini­ge Tage dauern.
  2. Der eigent­li­che Anfall (Iktus) beginnt meist mit dem Umfallen des Tieres. Anschließend tritt eine Art Versteifung durch lang anhal­ten­de Krämpfe von Pfoten und Körper auf, der eine Entspannung mit kurz anhal­ten­den Krämpfen folgt. Der Hund kann wäh­rend des Anfalls das Bewusstsein ver­lie­ren. Die gesam­te Dauer des Iktus beträgt meist nur weni­ge Minuten. Während des Iktus kann das Tier Urin und Stuhl ver­lie­ren und hef­tig spei­cheln. Dies ist unab­hän­gig von der Schwere des Anfalls.
  3. Im Zeitraum nach dem Anfall, auch pos­ti­ka­le Phase genannt, sind die Hunde des­ori­en­tiert, kön­nen nur schlecht sehen und sich nur mit Mühe bewe­gen. Einige Hunde sind wäh­rend die­ser Phase extrem unru­hig und lau­fen rast­los im Haus hin und her. Die pos­tik­ta­le Phase kann weni­ge Sekunden, aber auch eini­ge Tage (und mit­un­ter Wochen) dauern.

Bei idio­pa­thi­scher Epilepsie erscheint der Zustand des Hundes zwi­schen zwei Anfällen nor­mal zu sein. Meist ist kein bestimm­ter äuße­rer Auslöser für einen Anfall erkenn­bar. Auffällig ist, dass Anfälle nahe­zu immer im Haus, also in der ver­trau­ten Umgebung statt­fin­den. Sie tre­ten haupt­säch­lich in Ruhezeiten auf (abends, nachts, früh­mor­gens). Es besteht kein Zusammenhang mit kör­per­li­cher Anstrengung. Somit ist die Aktivität des Hundes nicht eingeschränkt.

Eine Behandlung ist erst dann sinn­voll, wenn klar ist, mit wel­cher Regelmäßigkeit die Anfälle auf­tre­ten. Von einer guten Wirkung der Therapie kann bereits gespro­chen wer­den, wenn sich die Abstände zwi­schen den Anfällen ver­grö­ßern, sowie die Schwere und Anzahl der Anfälle abnehmen.

Ein Hund mit Epilepsie erfor­dert viel Fürsorge und Aufmerksamkeit von sei­nem Besitzer. Auch die Einstellung der rich­ti­gen, indi­vi­du­el­len Medikamentendosierung ver­langt viel Geduld. Die Anfangsbehandlung muss min­des­tens vier Wochen dau­ern, damit man eine Wirkung fest­stel­len kann. Ist die Wirkung nicht aus­rei­chend, wird die Dosierung erhöht und die Wirkung wie­der­um über min­des­tens vier Wochen beob­ach­tet. So kann es meh­re­re Monate dau­ern, bevor klar wird, ob eine Besserung ein­ge­tre­ten ist.

Was tun bei einem Anfall?
Während eines Anfalls kann der Hundehalter nur wenig tun. Er soll­te aber den Verlauf eines Anfalls sorg­fäl­tig doku­men­tie­ren. Das geht bei­spiels­wei­se sehr ein­fach mit der Videofunktion eines Handys. Während eines Anfalls soll­te sich „Herrchen“ ansons­ten zurück­hal­ten. Ein Anfall, der ein­mal begon­nen hat, kann nicht mehr gestoppt wer­den. Am bes­ten ist es dann, ruhig zu blei­ben und kei­ne Panik zu ver­brei­ten. Man kann allen­falls dafür sor­gen, dass sich der Hund nicht ver­letzt. Einige Hunde wer­den ruhig, wenn sie sanft zu Ihnen spre­chen. Mitunter berich­ten Hundebesitzer, dass ein Hund wäh­rend eines Anfalls aggres­siv wird. Dies wird meist dadurch ver­ur­sacht, dass man ver­sucht, den Hund wäh­rend eines Anfalls fest­zu­hal­ten. Der Hund macht jedoch unbe­wuss­te, unge­steu­er­te Bewegungen. Wenn der Hund mit dem Kopf zuckt und/oder den Zähnen klap­pert, läuft man Gefahr, gebis­sen zu wer­den, wenn man ver­sucht, den Kopf fest­zu­hal­ten. Das Eingeben von Tabletten wäh­rend eines Anfalls ist somit gefähr­lich – sowohl für Herrchen oder Frauchen als auch für den Hund.

Fazit
Die Diagnose Epilepsie bedeu­tet nicht das Ende. Dem Tierarzt ste­hen ver­schie­de­ne Therapien zur Verfügung und ein Hund kann, wenn er gut auf sei­ne Medikamente ein­ge­stellt ist, sehr gut damit leben.

Foto: Klostermann/BfT

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