Ärzte gegen Tierversuche stellen Strafanzeige

Köln. Der bun­des­wei­te Verein Ärzte gegen Tierversuche hat Strafanzeige gegen Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gestellt. Nach Recherchen des Vereins hat eine Arbeitsgruppe der Mund- Kiefer- und Gesichtschirurgischen Klinik ver­mut­lich über meh­re­re Jahre Tierversuche an Beagle-Hunden und even­tu­ell auch Schweinen ohne ord­nungs­ge­mä­ße Genehmigung durchgeführt.

Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg soll vermutlich über mehrere Jahre Tierversuche an Beagle-Hunden durchgeführt haben.Beagle-Hunden wur­den bis zu zwölf Backenzähne aus dem Ober- und Unterkiefer gezo­gen, um Implanate ein­zu­brin­gen. Zum Teil wur­den bewusst Entzündungen des Zahnfleisches und der Kieferknochen her­vor­ge­ru­fen, indem Bauwollfäden um die Implantate gelegt wur­den, in denen sich Bakterien ansie­del­ten. Schweinen wur­den neun Löcher mit einem Zentimeter Durchmesser in den Schädel gebohrt und mit künst­li­chen Materialien gefüllt. Für die Tiere waren die Experimente mit erheb­li­chen Schmerzen und Leiden verbunden.

Die Ergebnisse wur­den in Fachjournalen ver­öf­fent­licht. Dabei fie­len dem Ärzteverein Widersprüche bei elf Publikationen aus den Jahren 2011 bis 2017 auf. Mehrfach wur­den iden­ti­sche Genehmigungsnummern für ganz unter­schied­li­che Versuche mit Schweinen und Hunden ange­ge­ben. Die glei­che Nummer wird mal der zustän­di­gen Regierung von Oberbayern in Ansbach zuge­ord­net, mal einer Behörde in Budapest. In einem Artikel hieß es, die Versuche sei­en in Ungarn geneh­migt, aber an der FAU durch­ge­führt wor­den. In einer Publikation wird eine Genehmigungsnummer aus Ungarn ange­ge­ben, die dort aber – wie eine Anfrage ergab – unbe­kannt ist. In einer wei­te­ren Studie wird ein Lieferant von Schweinen in Abtsgemünd, 160 Kilometer von Erlangen ent­fernt, ange­ge­ben, aber die Versuche sei­en in Ungarn geneh­migt wor­den. „Es ist ziem­lich unwahr­schein­lich, dass Schweine nach Ungarn trans­por­tiert wur­den, um dort die Versuche durch­zu­füh­ren“, meint Dr. med. vet. Corina Gericke, Vizevorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. Es geht um Versuche an ins­ge­samt 114 Schweinen und 26 Beagles.

Die Tierversuchsgegner haben über einen Zeitraum von fast zwei Jahren ver­sucht, die Unstimmigkeiten auf­zu­klä­ren, aber erhiel­ten von den Behörden ent­we­der kei­ne oder unbrauch­ba­re Antworten. Insbesondere die für die Genehmigung von Tierversuchen zustän­di­ge Regierung von Unterfranken zeig­te sich nicht gewillt, die Sache auf­zu­klä­ren. Sie gab ledig­lich an, dass in den ver­gan­ge­nen fünf Jahren kei­ne Versuche an Hunden geneh­migt wor­den sei­en. „Wenn es eine ein­fa­che Erklärung gege­ben hät­te, zum Beispiel Fehler in den Publikationen, hät­te man uns das kur­zer­hand mit­tei­len kön­nen. Die Verschleierungstaktik weist dar­auf hin, dass wir einem Skandal auf die Spur gekom­men sind. Vermutlich sind meh­re­re Tierversuche an Hunden und Schweinen an der FAU ohne behörd­li­che Genehmigung durch­ge­führt wor­den“, fol­gert Tierärztin Gericke.

„Die Tiere, die in den leid­vol­len und unsin­ni­gen Versuchen gestor­ben sind, kann man nicht wie­der leben­dig machen. Aber wir müs­sen dafür sor­gen, dass Experimentatoren nicht unge­scho­ren davon­kom­men, wenn sie die ohne­hin schon viel zu laschen Gesetzesvorgaben nicht ein­hal­ten“, schließt Gericke. Nun ist es an der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth – Zweigstelle Erlangen Ermittlungen ein­zu­lei­ten und ggf. Anklage zu erheben.

Erst vor weni­gen Wochen hat­te der Verein Strafanzeige wegen ille­ga­ler Tierversuche gegen Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg gestellt. Die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat die Ermittlungen inzwi­schen ausgeweitet.

Ärzte gegen Tierversuche e.V.