Interview aus dem Magazin „Mensch&Tier“ des Forschungskreises Heimtiere in der Gesellschaft

Sozialpartner Hund: Vielen Obdachlosen sind ihre Vierbeiner wichtiger als ein trockener Schlafplatz, wie Aniko Ligeti bei ihrer Untersuchung herausgefunden hat (Foto: pixabay - kirkandmimi)Bremen. Nicht jedes Obdachlosenasyl gestat­tet sei­nen Gästen, Tiere mit­zu­brin­gen. Dabei pfle­gen gera­de woh­nungs­lo­se Menschen enge Beziehungen zu ihren Hunden. Wie eng – das hat Aniko Ligeti in ihrer Bachelorarbeit unter­sucht. Ligetis Arbeit „Die Beziehung von Hund und Mensch in schwie­ri­ger Wohnsituation“ ist an der Fakultät für Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg bei Prof. Dr. Georg Jungnitsch entstanden.

Mensch & Tier: Frau Ligeti, wor­in sehen Sie die wich­tigs­te Erkenntnis aus Ihrer Arbeit?

Aniko Ligeti: Die Arbeit belegt, dass Mensch und Tier tie­fe Bindungen ein­ge­hen kön­nen, gera­de Mensch und Hund. Leider ist die­se Erkenntnis aber noch nicht über­all in der Gesellschaft ange­kom­men, wie das Beispiel des Regensburger Obdachlosenasyls zeigt. Die Verantwortlichen machen sich nicht bewusst, was sie einem Menschen antun, wenn sie ihn vor die Wahl zwi­schen sei­nem Tier und einem siche­ren Schlafplatz stel­len. Alle Obdachlosen, mit denen ich gespro­chen habe, schla­fen selbst bei eisi­ger Kälte lie­ber mit ihrem Hund im Freien als ohne ihn im Obdachlosenasyl.

Sie haben sich im Zuge Ihrer Recherchen auch Obdachlosenasyle in Niedersachsen ange­se­hen. Worin unter­schei­den sich die­se Unterkünfte vom Obdachlosenasyl im baye­ri­schen Regensburg?

In Lüneburg und Rotenburg wer­den Hundehalter mit ihren Tieren will­kom­men gehei­ßen. Sie erhal­ten sogar einen eige­nen Raum. Die dor­ti­gen Sozialpädagogen sehen in den Hunden wich­ti­ge, oft sogar die wich­tigs­ten Sozialpartner der obdach­lo­sen Menschen. Nicht nur, weil die Tiere der Vereinsamung ihrer Frauchen und Herrchen ent­ge­gen­wir­ken, son­dern auch, weil sie ihnen zu einer Tagesstruktur und zu einer Aufgabe im Leben ver­hel­fen. Obendrein beschüt­zen die Hunde ihre Halter auf der Straße vor Dieben und poten­zi­el­len Angreifern.

Glauben Sie, dass die Beispiele aus Niedersachsen Schule machen werden?

Teilweise haben sie das schon. So gibt es in Regensburg seit dem vori­gen Winter ein „Kälteschutzhaus“. Dort sind – anders als im Regensburger Obdachlosenasyl – Hunde will­kom­men. Leider ent­ste­hen der­ar­ti­ge Projekte meist nur auf­grund öffent­li­chen Drucks. Umso wich­ti­ger ist eine kon­ti­nu­ier­li­che Berichterstattung in den Medien. Ich hof­fe, dass mei­ne Arbeit ein wenig dazu beiträgt.

Quelle: Forschungskreis Heimtiere in der Gesellschaft