Welpen
Eine wich­ti­ge Erkenntnis der Gegenwart ist, dass Welpen bis zu einem gewis­sen Zeitpunkt kom­mu­ni­ka­tiv nur sen­den und nicht emp­fan­gen kön­nen. Welpen kön­nen knur­ren, bel­len, Freude und Erregung zei­gen etc.. Doch wenn ihnen die­se Signale von ande­ren ent­ge­gen­ge­bracht wer­den, ver­ste­hen sie nicht deren Bedeutung. Dies wird erst durch Erfahrungen möglich.

Man kann die­ses Verhalten gut mit dem unse­rer Babys ver­glei­chen. Sie kön­nen wei­nen, doch wenn man selbst weint, ver­ste­hen sie die Bedeutung nicht. Viele Gesten und Mimiken sind ihnen fremd und kön­nen teil­wei­se Angst hervorrufen.Wolfswelpen genie­ßen rudel­in­tern bis zu einem Alter von ca. 4 Monaten „Narrenfreiheit“. Die adul­ten Wölfe gestat­ten ihnen alles, wenn es ihnen zuviel wird gehen sie. Die Welpen beneh­men sich ihnen gegen­über oft wie Rüpel. Sie bei­ßen unge­hemmt in Schwanz und Ohren, so dass die Alten teil­wei­se auf­schrei­en. Keiner der Alten wür­de ihnen das aber ver­übeln oder sich weh­ren. Deshalb ist es wich­tig, dass Gleichaltrige im Rudel sind, um sich gegen­sei­tig die (Schmerz-) Grenzen klar zuma­chen. Der Welpe lernt von ande­ren Welpen, dass ein zu fes­ter Biss, wel­cher das Quietschen des Spielpartners zur Folge hat, meist dazu führt, dass der ande­re sich auf den Schmerz hin wehrt. Auch wer­den unter den Gleichaltrigen stets alle Verhaltenselemente geübt: Mal die Rolle des Dominanteren, mal die des Devoten, die des Opfers, des Täters, Jägers und die Rolle des Gejagten. So lernt der Welpe eine brei­te Palette des Sozialverhaltens und der inner­art­li­chen Kommunikation ken­nen. Als erwach­se­ner Hund/Wolf ver­steht er viel mehr von dem was ihm von einem ande­ren Hund/Wolf ent­ge­gen­ge­bracht wird, auch wenn der Sender selbst über weit weni­ger Verständnis der Hundesprache ver­fügt. Beim erwach­se­nen Hund führt eine sozia­le Isolation als Welpe, d.h. die feh­len­de Möglichkeit mit ande­ren Welpen und Hunden ver­schie­de­nen Alters zu spie­len, dazu, dass er nur sen­den kann und nichts oder eben nur sehr wenig von dem ver­steht, was der ande­re „sagen“ will. Deshalb reagie­ren Hunde dann oft mit Angst oder Aggressionen.

Erst wenn die Welpen ca. 4 Monate alt sind wer­den sie von den Juvenilen des Vorjahres und adul­ten Tieren ins Rudel ein­ge­glie­dert. Die Erziehung durch die ande­ren Rudelmitglieder beginnt zwar schon mit der 6.–8. Woche, doch nun müs­sen auch sie sich unter­wer­fen. Die erzie­he­ri­schen Mittel der erwach­se­nen Wölfe wer­den im Laufe der Zeit, bei Nichteinhaltung eines Verbotes, immer der­ber und ein­deu­ti­ger. Der klas­si­sche Welpenschutz gilt übri­gens nur rudel­in­tern. Wir müs­sen uns nicht wun­dern, wenn wir einen Hund antref­fen, der sich auch wild auf einen Welpen stürzt, weil er ihn beläs­tigt. Das ist genau­so nor­mal wie ein adul­tes Tier, das sehr vor­sich­tig im Umgang mit Welpen ist. Es ist eben bei­des bei unse­ren Hunden mög­lich. Ein frem­der Wolf wür­de auf einen rudel­frem­den Welpen dage­gen sehr ein­deu­tig reagie­ren, er wür­de ihn töten.

Fazit
Es gibt bei unse­ren Hunden vie­le Unterschiede zum Wolf, die auch völ­lig logisch und erklär­bar sind. Heute ist man zum Glück sehr dar­an inter­es­siert das Verhalten von Wolf und Hund zu erfor­schen. Obwohl der Hund das ältes­te Haustier des Menschen ist, ist er lan­ge nicht so gut erforscht, wie vie­le ande­re Tierarten, die uns erst seit viel kür­ze­rer Zeit umge­ben. Auch Verhaltensunterschiede der Hunderassen unter ein­an­der wer­den heu­te unter­sucht. Und nicht sel­ten sorgt allein eine völ­lig unter­schied­li­che Optik der Hunde für gro­ße Missverständnisse unter­ein­an­der. Wie kann z.B. ein haa­ri­ger Bobtail von ande­ren Hunden pro­blem­los ver­stan­den wer­den? Das Gesicht und der gan­ze Körper des Bobtails sind bewollt, der Schwanz exis­tiert nicht. Mimik und Gestik sind dadurch soweit ein­ge­schränkt, dass sie nicht mehr klar als wich­ti­ges Element der Kommunikation genutzt wer­den kön­nen. Es ist nicht unwahr­schein­lich, dass es wegen sol­cher Defizite zu Missverständnissen zwi­schen Hunden kom­men kann.

Trotz jun­ger Forschung gibt es schon vie­le neue Erkenntnisse, die auch in der Ausbildung unse­rer Hunde gut ver­wen­det wer­den kön­nen. Aber auch für den „Otto Normalverbraucher“ ist es wich­tig nicht an alten Mythen und Legenden über „den gro­ßen bösen“ Wolf fest­zu­hal­ten und ihn, so wie wir den Wolf sehen, als Schablone für unse­re Hunde zu miss­brau­chen. Das schafft Probleme. Und vie­le Probleme, die wir mit unse­ren Hunden haben, resul­tie­ren aus fal­schem Verhalten von uns Menschen.

© Ilona Schippers
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